Haller Tagblatt, 10.November 2010

 

Eine komplizierte Frauenseele, Eifersucht, Sehnsucht und Liebe – das ist der Stoff der Tragikomödie „Katzen-Spiel“, des Kleinen Theater Hall. Am vergangenen Samstag, 6. November, fand im Alten Schlachthaus die „Weltpremiere“ statt, denn das Stück von Peter Hauser, frei nach István Örkény, gibt es in dieser Form nur in Hall zu sehen. Die Zuschauer treten gewissermaßen als Zaungäste mitten ins Leben von Erzsi (gespielt von Beate Meier-Lang) im Budapest der 50er Jahre. Die Bühne zeigt sechs Bilder, von denen immer zwei „lebendig“ sind und miteinander „kommunizieren“, wobei das Stück an ganz verschiedenen Orten und in verschiedenen Zeitebenen spielt. ... Das tragikomische Katz- und Mausspiel nimmt zum Schluss aber noch eine überraschende Wendung, die Leichtigkeit in das Drama bringt. Mehr sei hier nicht verraten, denn wer die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen mag, dem sei „Katzen-Spiel“ empfohlen. Großes Kompliment an die Amateurtruppe des Kleinen Theaters Hall, das seinem Motto „Theater vom Feinsten“ einmal mehr gerecht wird.


Die Zuschauer werden zunächst Zeugen eines ausgiebigen Telefonats zwischen Erzsi, der 65-jährigen Witwe und ihrer Schwester Giza (Stephanie Lude), die an den Rollstuhl gefesselt in Deutschland lebt. Dabei geht es um einen Eklat im Milchladen wegen einer Katze und um Erzsis neue Freundin Paula, die sich die Haare färbt und einen zweifelhaften Einfluss auf Erzsi ausübt. Schnell wird klar: Erzsi ist impulsiv, unabhängig, instinktgesteuert, auch ein wenig vulgär, Giza ist die Vornehme, Vernünftige, aber eben auch Gelähmte. Daraus, dass sie intensiven Anteil an den Wirren im Leben der Schwester nimmt, zieht sie Energie. Mit einem grellen Blitzlicht wird die nächste Sequenz „beleuchtet“: Erzsis Tochter Ilus (Hanna Feucht), ehrgeizige Studentin, beklagt sich bitter bei Giza über das ungebärdete Verhalten ihre Mutter: „Ich kann sie doch nicht am Gängelband führen.“ Nächste Szene: Vor den Augen der Zuschauer schlüpft Hanna Feucht in die Rolle von „Mäuschen“, der Nachbarin, die Erzsi treu ergeben ist. Damit drückt sie eine wahrhaft zwiespältige Mutter-Tochter-Beziehung aus. Nun tritt Viktor (Rainer Möck) auf den Plan, eifersüchtig bewacht von seiner Mutter Adika (Elke Feucht). Der übergewichtige und abgehalfterte Opernsänger hat etwas von einem dicken zufriedenen Kater, wie er schnurrend um Erzsi herumschleicht. Zunächst erfährt man nur, dass Erzsi ihn nicht zum Abendessen eingeladen hat, aber nach und nach setzt sich wie bei einem Puzzle das ganze Drama zusammen. Erzsi und Viktor verbindet eine langjährige heimliche Liebesbeziehung. „Aus den vielen Umarmungen wurde das Abendessen“, bei dem Erzsi jeden Donnerstag für Viktor kocht. Das Verhängnis nimmt einen Lauf, als die kokette selbstbewusste Freundin Paula (Ulrike Felis) ins Spiel kommt. Warum besteht Erzsi darauf, dass Paula und Viktor sich bei einem Konzert kennen lernen? Es geschieht, was geschehen muss: Viktor bandelt mit Paula an, „er ist busenverrückt!“, und - fast noch demütigender – geht nun zu ihr zum Essen. Die beiden Frauen kratzen sich fast die Augen aus, der Lack bröckelt ab. Das tragikomische Katz- und Mausspiel nimmt zum Schluss aber noch eine überraschende Wendung, die Leichtigkeit in das Drama bringt. Mehr sei hier nicht verraten, denn wer die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen mag, dem sei „Katzen-Spiel“ empfohlen. Großes Kompliment an die Amateurtruppe des Kleinen Theaters Hall, das seinem Motto „Theater vom Feinsten“ einmal mehr gerecht wird.

                                                                                                                                                                                                                                                                                 von Barbara Ucik-Seybold