Lasst Bilder sprechen!

So kann Theater auch sein: leise, langsam, über lange Strecken ohne Text, sogar ohne Darsteller. Das Metropoltheater München zeigt in der Haller Kunsthalle Würth eine zauberhafte Inszenierung.

SammlerAugenblicke-LohmeyerGerd--SHA14c-H.Kumpf

 

In dem Bilderbuch "Der Sammler der Augenblicke" von Quint Buchholz geht es um die Macht der Bilder, um die Phantasie und um die
Gedankenströme, die Gemälde auslösen können. Wie kann man das auf der Bühne umsetzen? Jochen Schölch hat seine Inszenierung in Zusammenarbeit mit Quint Buchholz entwickelt. Herausgekommen ist eine im Wortsinne wundervolle, zauberhafte Aufführung, die über weite Strecken die auf eine Leinwand projizierten Bilder für sich sprechen lässt, leise untermalt von Akkordeonmusik. Das Metropoltheater gastierte auf Einladung des Kleinen Theater Hall am Freitag und Samstag in der Kunsthalle Würth.

Quint Buchholz malt schöne Bilder, weite Landschaften, gerne auch das Meer. Seine Gemälde strahlen Ruhe aus, ein bisschen Kälte auch, und
sie haben meist ein phantastisches Element: Da stehen ein Pferd und ein Fahrrad neben Menschen auf einem Leuchtturm, da schwebt eine Riesenblockflöte, die an zwei Fesselballons gebunden ist, da stapft eine Elefantenfamilie durch den Schnee, da ist ein Löwe auf einem kleinen Boot gemeinsam mit einem König und einem Mädchen - wobei die Menschen die Attribute des Löwen wieder aufnehmen, der Mann das Königliche, das Mädchen die Mähne.

Es sind Bilder, die dazu anregen, sich wegzuträumen in diese fremden Landschaften, die fast von selbst in Bewegung geraten. Und das tun sie
in der Inszenierung des Metropoltheaters auch. Die Elefanten stapfen von links nach rechts durchs Bild, hier geht ein Licht an, dort ein Fenster auf. Dazu spielt Jolanta Szczelkun leise, nachdenkliche Melodien auf dem Akkordeon, manchmal begleitet von Gerd Lohmeyer auf der Geige. Lohmeyer ist aber in erster Linie der Darsteller. Er ist mehr Erzähler als Schauspieler. Die Geschichte handelt von einem Jungen, der regelmäßig den Maler Max besucht. Der Junge liest dann oder spielt Schach gegen sich selbst, der Maler malt - aber so, dass der Junge nicht zusehen kann. Erst, als der Maler einmal verreist ist, erlaubt er dem Jungen, die Bilder anzusehen. Und dieser träumt sich in die Welt der Bilder hinein.

Lohmeyer erzählt diese Geschichte aus der Sicht eines alternden Straßenmusikers, der sich an seine Kindheit erinnert. Seine Vortragsweise zieht
die Zuschauer in ihren Bann, und als er berichtet, wie traurig der Junge ist, als der Maler aus der Stadt wegzieht, fühlt man innig mit ihm.

Info: Mit dieser Aufführung startete das Kleine Theater Hall in eine Veranstaltungsreihe zum 25-jährigen Bestehen.

MONIKA EVERLING | 09.10.2014