Enkeltrick zum Nachmachen

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Foto: Michael Hieke

Wenn es an der Tür klingelt und ein wildfremder Enkel steht davor, sollen Senioren in der schlechten Welt von heute ja sofort die Polizei alarmieren. Die kleine Leni (Anna Walter) hätte aber wirklich einfach gerne einen Großvater. Zwar hofft sie durchaus auch auf ein wenig Taschengeld, als sie beim gemeinsamen Altersheim-Besuch mit ihrer besten Freundin Charlotte (Davina Wisbar) den überraschten Nils Anderson (Guido Heidrich) kurzerhand zu ihrem Opa ernennt. Aber dann kommt alles ganz anders, und am Ende wünscht man sich, diese Art von Enkeltrick würde in der Realität möglichst oft angewendet.

Leise und unaufgeregt versteht es die Inszenierung des Kleinen Theaters Hall, das Publikum in Bann zu schlagen. Als Vorlage für „Kannst du pfeifen Johanna“ diente das mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis 2017 ausgezeichnete Kinderbuch des schwedischen Autorenteams Ulf Stark und Anna Höglund. Regisseur Peter Hauser hat nur marginale Teile des Inhalts übernommen und den beiden 15-jährigen Darstellerinnen ihre Rollen nach mehreren Improvisationsdurchläufen auf den Leib geschrieben.

Ohne jeden Klamauk bringen die zwei bemerkenswerten Nachwuchstalente eine zarte Geschichte von der Begegnung zwischen sehr jung und sehr alt auf die Bühne des Alten Schlachthauses. Ihr Spiel ist so selbstvergessen und natürlich, als wären keine Zuschauer im Raum. Großartig unterstützt werden die Mädchen von Guido Heidrich als leicht dementem Kreuzworträtselfan, der sich sogar auf Lenis selbstgebautes Baumhaus hinauftattert und ob der unerwarteten Abenteuer soviel Glückseligkeit verströmt, das einem die Tränen kommen.

Urkomisch ist die Sequenz, in der die beiden Kinder vom nordischen Wahl-Opa in der Kunst des Matjes-Genusses unterwiesen werden, wobei die Fischspezialität — am Geruch zweifelsfrei zu erkennen — ebenso echt ist, wie alles andere an diesem erfrischenden Stück Theater.

Der melancholische Soundtrack wird vom himmlisch sehnsuchtsvollen Violinspiel Heidrichs gekrönt. Man tut gut daran, für die Vorstellung Taschentücher einzustecken.

Beatrice Schnelle | Haller Tagblatt am 2.11.2017

johanna mini1Matjeshering ist nicht jedermanns Sache: Opa Nils zeigt Leni und Charlotte, wie man die nordische Spezialität verspeist.  

Foto: MIchael Hieke 

 

Weitere Kommentare aus dem Publikum: 

"Es soll noch nicht aufhören."

"Der Opa war lieb, schade, dass er gestorben ist. Die Mädchen waren mutig."

 

"Ein schönes, ruhiges Stück, ergreifend und witzig. Gott sei dank nicht laut und übertrieben."