Es menschelt auch unter Steinen 

Jugendliche Schauspielerinnen des Spielraums begeistern im Alten Schlachthaus in Hall etwa 60 Zuschauer. Das Ensemble zeigt ein poetisches Stück über das geheime Leben der Steine. 

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Foto: Carolin Sadler

Das Kleine Theater Hall feiert in dieser Saison Geburtstag: Als besonderes Geschenk zum 30-Jährigen an das Publikum gibt es unter anderem eine poetische und unterhaltsame Inszenierung des Stücks „Schnarchen Steine nachts?“. Zur Premiere am Samstag kamen etwa 60 gespannte Kinder und Erwachsene, um der Titelfrage auf den Grund zu gehen. Auch im Stück geht es um die Feier eines Geburtstags, genauer gesagt, eines „Geknackttags“. So nennen nämlich die Steine den Tag, an dem es sich jährt, dass sie in einem lauten „Knack!“ aus dem Felsen entstanden sind. Der freche Kiesel, charmant gespielt von Mara Anouk Splittgerber, feiert seinen Zehnmillionsten. Damit ist er mit Abstand der Jüngste unter den fünf Steinen, die sich eine mehr oder minder gemütliche Höhle teilen.In der eigenwilligen Wohngemeinschaft leben das sehr gepflegte und reinliche, aber dabei – wie immer wieder betont wird - „überhaupt nicht eingebildete“ - Glitzersteinfräulein Quarz (Nelly Schwahn), der stattliche, wohl sehr gebildete, wenn auch leicht zerstreute und immer hungrige Felsstein Pierre (Joanna Lechler), die Steinalte Bims (Laelia Splittgerber) und die energiegeladene Stone (Belinda Rühr), die es sogar mit einem Bagger aufnimmt. Unter den fünf Steinen menschelt es gehörig. Da gibt es Zankereien um den Abwasch, Diskussionen ums Tisch decken oder darüber, wer mit wem dem Gießen des Spigalubbi-Baums dran ist, auf dem das grasgrüne Hauptnahrungsmittel der Steine gedeiht.

Ausgerechnet an Kiesels Geknackttag wirbelt plötzlich das flauschige Küken Piep die Gemeinschaft auf. Die fünf beweisen Zusammenhalt und retten ihren kleinen Schützling schließlich gemeinsam. Pauline Ellenrieder verkörpert das Vögelchen so niedlich und hilflos, dass im jungen Publikum bis zum Aufatmen am Ende tatsächlich kaum ein Piep zu hören war. Auch die fünf Darstellerinnen der Stein-Charaktere zeigen ein konzentriertes Spiel. Es ist ihnen deutlich anzumerken, wie viel Spaß ihnen die Arbeit an und mit ihren Rollen bereitet. Besonders überzeugen die chorischen Szenen und Musikeinlagen vom Rhythmischen Spiel auf allerlei „Menschen-Gegenständen“ bis zum berührenden Gesang. Theaterpädagogin Carolin Sadler, die Regie geführt hat, zeigte sich am Ende beeindruckt von der Leistung ihrer Schützlinge und das Publikum bedankte sich mit kräftigem Applaus. Übrigens: Natürlich schnarchen Steine nachts.

Annika Völk  I  Haller Tagblatt am 15.10.2019